Kreuzbergwallfahrt 2022

Wallfahrt 2022
Bildrechte Pfarramt Bad Brückenau

Samstagmorgen, viertel vor 5:
Es hat die ganze Nacht geregnet, es ist noch stockfinster.
Mir fällt das Aufstehen schwer. Mein einziger freier Tag.
4 Frühdienste hinter mir und noch 5 vor mir.
Was soll's, heuer hab ich mir doch fest vorgenommen, wieder mal mitzulaufen.
Brotzeit, Kaffee und Tee im Rucksack, Regenschirm und Jacke - so mache ich mich auf den Weg zur kath. Kirche. Winnie, unser Hund, schaut mich fragend an. „Nein, mein Alter, du bleibst da. Das schaffst du nicht mehr.“

Es ist nass, sehr nass. Das wird was werden.
Als ich mich von oben der Kirche nähere, liegt diese im Dunkel. Kein Kerzenschein, keine Taschenlampe....
Sind die etwa schon weg?
Mist, spätestens in Römershag muss ich sie eingeholt haben.

Doch da, im Schutze des Dachüberstands, vor der geschlossenen Kirche, 2 Gestalten im Dunkeln.
GOTT sei dank. Kim Sell und Ulli Haas. Das sind alle.
„ Guten Morgen, wo ist der Rest?“'
„Es gibt keinen Rest.“ sagt Kim. “Wollen wir trotzdem laufen?“
„ Ja“, sage ich, „wo zwei oder drei......., und wir sind doch drei!“

Noch nicht eingelaufen und etwas unrund geht’s los.
Auch in Römershag niemand.....
Über den neuen Fahrradweg Richtung Riedenberg.
Wir reden, sehen uns ja nicht oft, wir schweigen, einmütig.
Uns tropft der feine Nieselregen ins Gesicht. Es ist feucht, aber nicht nass.
GOTT sei Dank!

„ Die Wolken schwitzen!“ sagt Kim. Wir auch!
In Riedenberg sparen wir uns den Anstieg und bleiben auf dem Weg.
Überqueren die Bundesstraße, es wird heller.
Die Wolken schwitzen immer noch, diffuses Licht umgibt uns.
Am Erlenbrunnen, die Bank, sie wartet auf uns.
Erste Pause, bevor der Wald uns verschluckt.

„Nach dieser Kurve kommt das schlimmste Stück“, sagt Kim.
Wir wissen es, schon unzählige Male gelaufen.
Jeder holt aus, ich stiefele voran, mein Rhythmus ist so.
Oben angekommen warte ich, doch dieses Jahr kein herrlicher Ausblick.
Die Wolken schwitzen immer noch.

Und dann ist es da, sprudelt aus mir heraus, die Bitte, das Gebet :
Komm in unsere Mitte, oh Herr, oh Herr.....
Wir danken dir für deinen heiligen Geist,
lass uns spüren, dass du bei uns bist,
wir preisen deine Langmut Tag für Tag, oh Herr, wir danken dir.
Vor mich hin singend laufe ich weiter, die anderen hinter mir.
Ich brauche sie jetzt grad nicht. ER ist da!!!

„ Was singst du denn da vor dich hin?“ fragt Ulli.
„Meine Bitte für die Stadt und unsere Gemeinden, sie war auf einmal da.
Deshalb sind wir doch auf dem Weg!“ antworte ich.

Wir nehmen Kim in die Mitte und lauschen seinen Ausführungen zum Vaterunser, geistlicher Input muss sein.
Es ist so schön.
Und immer noch trocken, die Wolken schwitzen nicht mehr, wir dafür um so mehr.
Am Guckaspass wartet Kaffee und Kuchen, wie immer.
Kim hat vorgesorgt, heuer passen wir alle auf die Bank.

Frisch gestärkt geht’s weiter.
Kim hat den Georgis abgesagt.
„ Mir werden die Posaunen fehlen, die uns sonst immer mit 'Großer Gott, wir loben dich' empfangen haben“, sagt Ulli.
„Ach, das kriegen wir auch so hin, nicht wahr Kim?“
In der Klosterkirche stimmen wir an, melodie- und textsicher, hört sich schön an.
Ich glaube was ich da singe.

Wir feiern unseren Dank und unsere Andacht hinten im Chorraum.
Lauschen Kims Gebeten.
Und plötzlich sind wir nicht mehr allein.
Vor meinem geistigen Auge erscheinen sie alle, die sonst mit dabei waren, all die Jahre mit gelaufen und gebetet haben, sie füllen den Chorraum.
Ich kann nicht anders, unterbreche Kim, um zu danken, IHM.
Dass ER das ermöglicht!
Und dann muss ich ihm lobsingen, a capella:
„Großer Gott, wir loben dich“ im Stehen, ganz wichtig.
Und weil's so schön ist, die Strophen 9 und 10 noch hinterher.
Und es ist mir egal, wer mir zuhört, ich höre die Posaunen spielen......

 

Sabine Schroll