Wer sagt denn ihr, dass ich sei?

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn jemand erklären will, ob er mit seiner Politik oder mit seiner Meinung richtig liegt, fallen oft folgende Sätze: „Dem Volk auf Maul schauen“ oder „Wissen, was der Bürger denkt“. Wissen was los ist, den Trend kennen, das ist wichtig und bestimmt uns mehr, als wir uns eingestehen wollen. Und da Meinungen und Trends längst ein gutes Geschäft sind, werden wir in Politbarometern damit versorgt.

Der Kirche als Organisation und uns als Gemeinschaft der Christen vor Ort wird vorgeworfen, nicht mehr zeitgemäß zu sein. Der Sonntag hat seine neue „Heiligkeit“ gefunden als Tag der Familie, des Ausschlafens, des gemeinsamen Frühstücks, der Tag, an dem ich keinen Termin haben will. Der Gottesdienst ist dann auf dem Niveau der alten Vase der Oma. Man will sie nicht wegwerfen, findet aber eben auch keinen Platz zum Aufstellen.

Wie verstehen Menschen nun den Glauben an Jesus Christus?

Jesus startete dazu eine Meinungsumfrage und fragte seine Jünger „Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?

Ja, was dachten die Menschen dort in der Gegend von Cäsarea Philippi? „Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten.“

Ein ernüchterndes Ergebnis.

Kann Jesus Johannes der Täufer sein? – Nein, der ist doch tot, wie auch Elia, Jeremia und die anderen Propheten.

Gingen wir in unserer Umgebung auf die Straße und würden Leute fragen: „Wer ist denn dieser Jesus?“, bekämen wir vielleicht folgende Antworten: Ein vorbildlicher Mensch, der sich für die Armen eingesetzt hat und für soziale Gerechtigkeit eingetreten ist. Ein beeindruckender Mensch, der sogar Kranke heilen konnte.  Ein barmherziger Mensch, der Traurige tröstete  und Niedergeschlagene aufgerichtet hat. Ein spiritueller Lehrer voller Weisheiten. Andere meinen, das mit den Wundern sind Märchen, die Auferstehung ist doch nicht möglich. Und dann ginge es schnell um Religionen, den Unfrieden und Hass, den sie über die Menschheit brachten. Schon wären wir bei der Glaubwürdigkeit der Kirche mit ihren Mängeln.

Ein Sammelsurium  von Meinungen, wie es anscheinend schon zu Jesu Lebzeiten war.

Wir merken, in Meinungen und Trends liegt nicht unbedingt die Wahrheit.

Und so fragt Jesus seine Jüngern nun weiter: „Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

Schweigen. Außer Petrus. Der antwortete: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“  „Stimmt“, könnte Jesus sagen und dann stellt er vielleicht mir ganz persönlich eine weitere Frage: „Kannst du mir auch sagen, wer ich für dich bin? Wie sieht dein Leben und dein Alltag mit mir aus?“

Diese Frage geht tiefer, da muss ich erst mal nachdenken.

Ich denke an Krankenbetten, meine Hilflosigkeit und seinen Beistand.

An Bewahrung bei so vielen Kilometern in meinem Berufsleben.

Ich denke an Unerträgliches, was ich mit ihm tragen und oft überwinden konnte.

An die Freude in den Gottesdiensten, am Chor, an die Gebete am Kreuz der Platzer Kuppe und unten in Geroda in der stillen Kirche. Ich denke  an Taizé und die Gemeinschaft dort und viele liebgewonnene Glaubensgeschwister auf meinem Lebensweg.

Ganz langsam reift ein Gedanke in mir: Lebendige Kirche beginnt wohl dort, wo wir anfangen, unserem Nächsten zu erzählen, wer denn dieser Jesus für uns sei.

 

                                                                                               Ihr Martin Hentschel

                                                                                               Lektor aus Geroda

Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? Unser Monatsspruch im September 2023 aus Matthäus 16,15 

 

 

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